2 Jahre Ukraine Krieg: Familie Fedosova in Münster

Lokalzeit Münsterland 23.02.2024 03:17 Min. Verfügbar bis 23.02.2026 WDR Von Detlef Proges, Heike Zafar

So geht es einer ukrainischen Familie nach zwei Jahren in Münster

Stand: 23.02.2024, 16:00 Uhr

Zwei Jahre lebt die Ukrainerin Irina Fedosova mit ihren zwei Töchtern schon in Münster. Sie haben sich eingerichtet und sind doch nicht sicher, ob hier ihr Zuhause für immer ist.

Von Detlef Proges

"Wir dachten damals, wir bleiben zwei Wochen hier. Niemals hätten wir gedacht, dass es zwei Jahre dauert," erzählt Irina Fedosova. Die 43-jährige Mutter ist im März 2022 mit ihren beiden Töchtern vor dem Krieg nach Münster geflohen. Ihr Ehemann Andrej blieb in ihrer Heimatstadt Charkiw, im Osten der Ukraine.

Zwei Jahre nach dem Angriff auf die Ukraine sitzen Mutter Irina und ihre zwölfjährige Tochter Viktoria im Wohnzimmer und mischen Karten. Sie lachen und spielen "Schere, Stein, Papier" darum, wer das Kartenspiel beginnen darf. Sie scheinen sich in ihrem neuen Zuhause, einer Drei-Zimmer-Wohnung in Münster, eingelebt zu haben.

Schwerer Start in Münster

Viktoria kann sich nach zwei Jahren auf einer bischöflichen Gesamtschule schon kaum noch erinnern, wie es in ihrer Schule in Charkiw war. Die Zwölfjährige spricht inzwischen fast perfekt Deutsch. Sie erinnert sich aber auch an die ersten Tage in Münster:

"Wenn ich so sagen darf, das war voll scheiße. Ich habe niemanden verstanden, ich hatte keinen Kontakt zu irgendjemand, es war schwer." Viktoria Fedosova, 12 Jahre

Angst um Vater Andrej

Jetzt aber ist vieles anders. Viktoria hat eine beste Freundin in ihrer Klasse gefunden. Im Unterricht kommt die Siebtklässlerin gut mit. Doch sie vermisst ihren Vater sehr. Die beiden telefonieren oft miteinander, manchmal erklärt Papa Andrej seiner Tochter dann Matheaufgaben.

Der Kontakt hilft Viktoria, doch die große Angst um ihren Vater bleibt. Zuletzt gab es wieder viele Bomben- und Raketenangriffe auf Charkiw. Dabei kamen auch Menschen ums Leben.

Gefährliche Flucht

Menschen, die in der U-Bahn in Charkiw Schutz suchten.

In einer U-Bahn-Station in Charkiw, hatte die Familie Schutz gesucht

Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfiel, flüchtete die Familie zunächst mit vielen anderen Menschen in eine U-Bahn-Station in Charkiw. Dort haben sie drei Tage gelebt und Schutz vor den Bomben gesucht, bis sie in einem Auto an die ukrainisch-polnische Grenze gefahren sind. Von dort ging es mit einem Hilfskonvoi in einem Bus nach Münster.

Sehnsucht nach der Heimat

Zwei Jahre Schule und Sprachkurse liegen hinter ihnen. Mutter Irina hat Deutsch gelernt, kämpft aber noch mit der ungewohnten, neuen Sprache. Viktoria übersetzt oft für ihre Mutter.

Ukrainer:innen auf deutschem Arbeitsmarkt

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Irina hat als studierte Erzieherin in der Ukraine gearbeitet und sucht auch in Münster einen Job in einer Kita. Angebote hat sie bereits. Zunächst müssen aber ihre ukrainischen Zeugnisse und Dokumente offiziell übersetzt werden, was viel Geld kostet. Die 43-Jährige kann sich das momentan nicht leisten. Und Irina hat große Sehnsucht nach ihrer Heimat und ihrem Ehemann Andrej.

Zukunft liegt im Ungewissen

Auch ihre 19-jährige Tochter Alina hat offenbar noch Probleme. In Charkiw hatte sie bereits das Abitur in der Tasche und studierte Informatik. In Münster musste sie erneut in die Schule, um mehr Deutsch zu lernen, verließ sie aber nach kurzer Zeit wieder. Jetzt wartet die Teenagerin auf einen Sprachkurs und hofft auf eine Ausbildung im IT-Bereich ab dem Sommer.

In den ersten Monaten nach ihrer Flucht erzählte sie ihre Geschichte mehrmals dem WDR, jetzt will sie nicht mehr öffentlich darüber sprechen.

Mutter Irina möchte zurück, Tochter Viktoria bleiben

Viktoria dagegen will erzählen und sie kann sich inzwischen gut vorstellen, in Deutschland zu bleiben. Mutter Irina aber möchte unbedingt zurückkehren nach Charkiw. "Aber nur," ergänzt die Ukrainerin mit Nachdruck, "wenn die Russen die Stadt nicht besetzen!" Wie alle Menschen aus der Ukraine blickt auch die Familie Fedosova in Münster in eine sehr ungewisse Zukunft.

Unsere Quellen:

  • Reporter im Gespräch mit der Familie